Die Gründung der Rheingenossenschaft
Die Rheinfischerei wird in unserem Dorf schon seit langer Zeit ausgeübt. Dabei kam es auch immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der kantonalen Behörde und den Fischern wegen der Art und Weise des Fischfangs (Patente). So auch im Dezember 1974, als die für die Jagd und die Fischerei zuständige kantonale Finanzdirektion dem Gemeinderat anstelle der bisherigen Fischerei-Gastkarte die Freiangler-Karte für Eigenfischenzen zustellte. Das bedeutete, dass das seit Jahrzenten praktizierte Fischen - während des ganzen Jahres und mit allen erlaubten Geräten - sehr stark eingeschränkt wurde. Dies löste unter den Fischern verständlicherweise grosses Missbehagen und grossen Unmut aus. Sie protestierten dagegen, dass auf diese Weise ihre alten Rechte beschnitten werden sollten.
Der Gemeinderat bezog Stellung zu Gunsten der Fischer. Er verhandelte mit dem kantonalen Fischereiaufseher und erreichte, dass fortan wieder eigene Fischerkarten ausgegeben werden konnten und das ganze Jahr hindurch gefischt werden durfte, allerdings nicht mit allen erlaubten Geräten. Der Gemeinderat war mit dieser Lösung zufrieden. Welch drastische Einschränkungen dies aber für die traditionelle Angelrei bedeutete, hatte er offenbar nicht realisiert. Die Fischer selbst wollten sich denn auch nicht damit abfinden. Sie konnten nicht verstehen, warum plötzlich Kinder unter zwölf Jahren ausgeschlossen sein sollten und warum nicht mehr alle Fanggeräte gebraucht werden durften. Ihr Unmut wurde immer grösser, als auch noch wiederholte Beanstandungen durch die Zollorgane - Die Grenzwächter - hinzukamen. Schliesslich unternahm es Ende 1976 unser heutiger Grossrat Ernst Frey-Burkard, eine Petition an den Gemeinderat zu richten. Diese mit 120 Unterschriften eingereichte Bittschrift hatte folgenden Wortlaut:
Die unten stehenden Fischer und Einwohner von Kaiseraugst bezeugen mit ihrer Unterschrift, dass sie nicht willens sind, sich die alt überlieferten Fischenzrechte beschneiden zu lassen, und ersuchen den Gemeinderat dringend, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, damit diese Rechte gewahrt werden können.
Aus dieser Situation heraus entstand unter den Fischern der Wunsch, sich in einem Verein zusammenzuschliessen. Auf den 17. März 1977 wurden alle Interessierten ins Restaurant Sonne eingeladen, wo man über eine Vereinsgründung befinden wollte. 16 Personen folgten diesem Aufruf, und weitere 18 Interessierte liessen sich vertreten. Nach kurzer Diskussion wurde beschlossen, am 23. Juni 1977 abends um 20 Uhr im Hotel Löwen die Gründungsversammlung durchzuführen. Auf Antrag von Marcel Meyer (Dorfpolizist) sollte der Verein «Rheingenossenschaft Kaiseraugst» genannt werden, und zwar in Anlehnung an die historische Rheingenossenschaft, die nachweislich von 1500 an - bestimmt aber schon früher - bis Ende 1864 die Fischerei von Säckingen bis zu Kapelle bei Hüningen ausübte. Ende des 18 Jahrhunderts hatten sich ihr auch die Flösser angeschlossen.
Für die Vorbereitung der Gründungsversammlung und die Ausarbeitung der Statuten wurde ein Ausschuss bestellt. Dieser setzte sich zusammen aus Dr. Ferdinand Kern, Ernst Frey jun., Robert Stöckli, Hugo Schauli, Peter Thomi und Marcel Meyer. Das Datum der Gründungsversammlung wurde im Bezirksanzeigen publiziert. Am Abend des 23. Juni fanden sich dann elf Personen im Hotel Löwen ein, nämlich Werner Baumann, Walter Bolinger, Josef Burkard, Mike Erdener, Ferdinand Kern, Marcel Meyer, Robert Stöckli, Peter Thomi, Hugo Schauli, Rolf Trachsel und Bernhard Waldmeier. Entschuldigt hatten sich Paul Füchter, Alois Frei, Hanspeter Schmid, Oskar Graber und Urs Baumann.
Um 20.30 Uhr eröffnete Marcel Meyer die Gründungsversammlung. Die vorbereiteten Statuten wurden vorgelesen und mit wenigen Änderungen einstimmig angenommen. Gemäss dem Antrag des Tagespräsidenten Hugo Schauli wurde beschlossen, der zu wählende Vorstand sollte bis 1978 im Amt bleiben. Hierauf wurden die vorgeschlagenen Vorstandsmitglieder Ferdinand Kern, Peter Thomi, Robert Stöckli, Josef Burkard und Marcel Meyer einstimmig gewählt. Doch der als Flossmeister (Präsident) vorgeschlagene Ferdinand Kern lehnte die Übernahme dieses Amtes ab mit der Begründung, er weile beruflich viel im Ausland. Auf seinen Vorschlag hin wurde dann Marcel Meyer gewählt, der somit der erste Flossmeister der Rheingenossenschaft Kaiseraugst wurde.
Quelle: 25 Jahre Rheingenossenschaft Kaiseraugst, Chronik 1977-2002 von Peter Thomi